Volkshochschulen machen sich für Demokratie und Teilhabe stark
Die Volkshochschulen in NRW haben sich bei ihrer gestrigen Mitgliederversammlung in Essen für mehr Demokratiebildung ausgesprochen. Die rund 90 Delegierten erklärten ihre Sorge angesichts einer zunehmenden Demokratieskepsis in der Bevölkerung und wachsender Zustimmung für populistische Narrative. An die Landesregierung appellierten sie, Programme wie das der Demokratiewerkstätten auch für die Volkshochschulen zu öffnen. In seiner Erklärung verpflichtet sich der vhs-Landesverband auch selbst dazu, den Menschen in NRW künftig noch mehr Gelegenheit zur aktiven Auseinandersetzung mit aktuellen politisch relevanten Fragen zu bieten. Die 131 Volkshochschulen in NRW verstehen sich dazu als offene Orte, wo sich Angehörige unterschiedlicher Bevölkerungsgruppen frei von Diskriminierung begegnen und respektvoll miteinander diskutieren können.
Der Essener Oberbürgermeister Thomas Kufen, gleichzeitig Vorsitzender des Städtetags NRW, begrüßte die Vertreter von Volkshochschulen und Kommunen. „Wir müssen schauen, wie wir mit Bildung dazu beitragen, uns wieder eine Debatten-, Diskussions- und Konfliktlösungskultur aneignen“, sagte Kufen. In einer Demokratie gehe es um das Aushalten unterschiedlicher Meinungen und um das Ringen um Konsens.
Lorenz Bahr, Staatssekretär im Ministerium für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration des Landes NRW, äußerte mit Blick auf den Krieg in Nahost: „Wir alle müssen laut und deutlich widersprechen, wenn uns im Alltag Antisemitismus und Israelhass begegnen. Und ebenso wünsche ich mir unüberhörbaren Widerspruch gegen Islamfeindlichkeit, die im Moment ebenfalls erschreckend zunimmt.“ Die Volkshochschule bezeichnete Bahr als „einer der wichtigsten Akteure für gelingende Integration“.
Prof. Dr. Hans-Ulrich Baumgarten, Abteilungsleiter Weiterbildung und Politische Bildung im NRW-Ministerium für Kultur- und Wissenschaft, hob hervor: „Demokratie ist nicht allein eine Regierungsform, sondern auch eine Lebensform, die beständig gepflegt werden muss.“ Volkshochschulen sollten dazu beitragen, Menschen zu einer Meinungsbildung ohne Hass und Hetze zu befähigen.
Unter dem Titel „Polarisierte Gesellschaft und Demokratie in der Krise“ führte der Politologe und Publizist Albrecht von Lucke aus, warum er den politischen Bildungsauftrag der Volkshochschulen aktuell für wichtiger hält denn je. Er konstatierte eine „ernsthafte Krise der Demokratie“. Das große Potenzial der Volkshochschulen bestehe darin, Menschen mit unterschiedlichen Erfahrungshintergründen, Interessen und Meinungen miteinander ins Gespräch zu bringen. Um solche Räume der demokratischen Kontroverse und Meinungsbildung zu stiften, bräuchten die Volkshochschulen allerdings auch die nötige finanzielle und personelle Ausstattung.
Thema der Mitgliederversammlung des vhs-Landesverbandes war außerdem die Fachkräfte-Offensive des Landes NRW. Die Delegierten beschlossen, hierauf im kommenden Jahr ein besonderes Augenmerk zu richten und dem Land die tatkräftige Mitwirkung der Volkshochschulen anzubieten. Klaus Hebborn, Präsident des vhs-Landesverbands NRW, betonte: „Die Volkshochschulen stärken mit ihrem Weiterbildungsangebot vor Ort die Handlungsfähigkeit der Menschen. Das gilt für die Partizipation an demokratischen Prozessen ebenso wie für die berufliche Teilhabe.“