Rückblick auf den Fachtag Kultur und Weiterbildung

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100 Gäste beim Fachtag Kultur und Weiterbildung in Essen:

Plädoyer für eine offenere Förderpolitik des Landes NRW

Kulturelle Bildung kann Menschen aktivieren und stärken. Für mehr solcher Angebote braucht es allerdings die dauerhafte und unbürokratische Unterstützung des Landes. Das ist eines der wichtigsten Ergebnisse des Fachtags Kultur und Weiterbildung an der Volkshochschule Essen. Rund 100 Akteur*innen der kulturellen Bildung waren der Einladung des Gesprächskreises für Landesorganisationen der Weiterbildung in NRW gefolgt, um ihre Erfahrungen aus der Zusammenarbeit auszutauschen, darunter viele Vertreter*innen von Volkshochschulen sowie Kunst- und Kulturschaffende.

Das Land unterstützt Projekte der kulturellen Bildung mit Fördermitteln aus dem Programm Kultur und Weiterbildung. Es richtet sich vor allem an Jugendliche und junge Erwachsene bis 27 Jahre, will in einer stark leistungsorientierten Lebensphase das Gefühl von Lebendigkeit und Selbstbestimmtheit stärken, wie Dr. Michael Reitemeyer, Gruppenleiter im Ministerium für Kultur und Wissenschaft und einer der Initiatoren des Förderprogramms, hervorhob.

Dr. Michael Reitemeyer, Gruppenleiter im NRW-Ministerium für Kultur und Wissenschaft und einer der Initiatoren des Förderprogramms Kultur und Weiterbildung: Kulturelle und kreative Betätigung wirken dem Gefühl von Fremdbestimmtheit entgegen.

Doch für die Akteure sind die Förderbedingungen nicht leicht zu erfüllen. 20 Prozent Eigenanteil, einjährige Projektlaufzeit und die Altersgrenze schaffen Hürden.

Projektgeschäft sorgt für Frust und Erschöpfung

Das Projektgeschäft mit seinen immer neuen, kleinteiligen Einzelinitiativen, wiederkehrenden Anträgen und Abrechnungen sorge bei den Akteur*innen für Frust und Erschöpfung, verdeutlichte Muchtar Al Ghusain, Dezernent für Jugend, Bildung und Kultur der Stadt Essen. Auch 40 Jahre nach Aufkommen der Idee „Kultur für alle“ werde noch immer viel über die Potenziale der kulturellen Bildung gesprochen. Verlässliche Strukturen seien jedoch kaum entstanden.

Muchtar Al Ghusain, Dezernent für Jugend, Bildung und Kultur der Stadt Essen: Selbst 40 Jahre nach dem Aufkommen der Idee "Kultur für alle" reden wir noch immer über die Potenziale der kulturellen Bildung, aber nicht über gefestigte Strukturen.

Gute Beispiele gibt es dennoch zahlreich, wie der Fachtag zeigte. Eines davon stellte Anette Göke vor, Programmplanerin für kulturelle Bildung an der vhs Dortmund und freischaffende Künstlerin. Im Projekt „Kunst und Museen modern erleben“ kooperierte sie mit Dortmunder Museen und Künstler*innen verschiedener Sparten. Die Teilnehmenden besuchten aktuelle Ausstellungen, gewannen einen neuen und intensiven Zugang zu verschiedenen Exponaten und setzten ihre Eindrücke kreativ um. Sie interpretierten Bilder und Portraits neu im Stil japanischer Mangas, arbeiteten alte Schriften kalligrafisch neu auf. 

Kreative Prozesse fördern den kritischen Geist

Kreative Prozesse boten dabei auch die Gelegenheit zur kritischen Auseinandersetzung mit aktuellen gesellschaftlichen Fragen, beispielsweise im textilen Gestalten. Dabei ging es auch um den persönlichen Mode-Begriff, um das eigene Konsumverhalten und um Fragen der Nachhaltigkeit.  

Um die Teilnehmenden im Alter zwischen 18 und 25 Jahren zu gewinnen, suchte Anette Göke Jugendfreizeitstätten auf. Es galt, Überzeugungsarbeit und leisten und Vorbehalte zu überwinden. Die junge Zielgruppe zu erreichen, ist eben nicht leicht. Das war beim Fachtag allgemeiner Konsens.

Volkshochschulen und Einrichtungen der Weiterbildung können und wollen die Orte sein, wo sich Menschen schöpferisch erleben und betätigen und neue Erfahrungen sammeln können. Um jedoch neue Netzwerke und Kontakte mit professionellen Kunst- und Kulturschaffenden zu knüpfen, neue Angebote zu konzipieren und neue Zielgruppen zu adressieren, bedarf es zusätzlicher Anstrengungen. Das bestätigten sowohl Celia Sokolowsky, Vorstandsvorsitzende des Landesverbandes der Volkshochschulen von NRW und Sprecherin des Gesprächskreises der Weiterbildung, als auch Heike Herold, Geschäftsführerin von Soziokultur NRW und stellvertretende Vorsitzende des Kulturrats NRW. Beide appellierten an das Land, das Förderprogramm weiter zu öffnen und die Altersbegrenzung aufzuheben.

Für erfolgreiche Kooperationen in der kulturellen Bildung müssen alle Beteiligten Neuland betreten (v.r.): Heike Herold (stellv. Vorsitzende des Kulturrats NRW und Geschäftsführerin von Soziokultur NRW), Jan-Christoph Tonigs (Dezernent für Kultur und Weiterbildung der Bezirksregierung Münster), Celia Sokolowsky (Sprecherin des Gesprächskreises für Landesorganisationen der Weiterbildung in NRW und Vorstandsvorsitzende des Landesverbandes der Volkshochschulen), Moderatorin Gabriela Schmitt.

Kulturelle Bildung braucht Strukturaufbau

Es sind die Bezirksregierungen, die das Förderprogramm Kultur und Weiterbildung in die Fläche bringen. Sie können vieles ermöglichen. Und als Ermöglicher versteht sich auch Jan-Christoph Tonigs, Dezernent für Kultur und Weiterbildung der Bezirksregierung Münster. Aus seiner Sicht muss es darum gehen, die Kooperation zwischen Kultur und Weiterbildung noch stärker zu fördern. „Wir müssen zu mehr Langfristigkeit kommen“, betonte er.

Gewiss wird Dr. Michael Reitemeyer diese Botschaft und die weiteren Rückmeldungen aus Kultur und Weiterbildung mit ins Ministerium nehmen. Und auch den Hinweis auf den Koalitionsvertrag der Landesregierung, in dem es heißt: „Wir wollen, dass sich die Angebote der kulturellen Bildung an alle Menschen richten und die Gesellschaft in ihrer gesamten Breite ansprechen. Sie sollen zudem die gesamte Bildungskette umfassen.“

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