„Ich verstehe mich nicht als Lehrer, sondern als Gastgeber“

Kategorien: Allgemein

Frank Balzer ist seit mehr als vier Jahrzehnten Dozent an der vhs Köln

Frank Balzer gehört wahrscheinlich zu den dienstältesten Dozenten an der vhs Köln. Seit 1981 unterrichtet er dort Musiktheorie, leitet Musikgruppen und hat schon viele Menschen auf ihrem musikalischen Weg begleitet und ihnen gezeigt, wie auch digitale Instrumente dabei unterstützen können.

Statt in den Schuldienst zu gehen, entschied er sich nach seinem Lehramtsstudium in Mathe und Musik für die Erwachsenenbildung, für ein miteinander und voneinander Lernen auf Augenhöhe.

Im Gespräch mit dem Landesverband der Volkshochschulen von NRW schildert er seine Erfahrungen.

vhs-Landesverband: Was ist das Reizvolle an der Dozententätigkeit in der Erwachsenenbildung?

Frank Balzer: In einen vhs-Kurs kommen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus eigenem Antrieb, weil sie etwas lernen möchten. Wir begegnen uns auf Augenhöhe, frei von Zwang oder Hierarchien. Ich verstehe mich nicht als Lehrer, sondern als Gastgeber. Es ist schön, wenn sich ein Austausch entwickelt, auch über die Kursinhalte hinaus, und man sich gegenseitig Anregungen gibt – auch die Teilnehmenden untereinander.

Welche Kurse bietest Du an? Wie hat sich Dein Portfolio entwickelt?

FB: Meine ersten Kurse behandelten Notenlehre und Harmonielehre. Diese Kurse unterrichte ich seit 1981 an der vhs Köln. Weil ich privat viel Musik gemacht habe, kam ich mit Musik-Software in Berührung und schlug es als Kursthema vor. Der Fachbereichsleiter war dafür aufgeschlossen. Die Kurse kamen sehr gut an, die Teilnehmenden kamen in der Anfangszeit aus dem gesamten Bundesgebiet.

Als in den 1980er Jahren der EDV-Boom einsetzte und auch die vhs Köln ihr Programmangebot im IT-Bereich ausbaute, fing ich an, Computerkurse speziell für Apple-Geräte zu geben, später dann auch für den Umgang mit Apple-Musikprogrammen. Gleichzeitig hat sich mein musikpädagogisches Kursspektrum erweitert. Neben Noten- und Harmonielehre sind Gehör- und Rhythmusbildung hinzugekommen.

Und ich leite Musikgruppen für Einsteiger*innen, die gerne Banderfahrung sammeln wollen. Daraus hat sich die vhs-Band entwickelt. Sie trifft sich seit etwa zehn Jahren einmal im Monat zur Probe. Zwischenzeitlich gab es auch Band-Projekte, die sich nach dem Kurs privat weiter getroffen haben.

Im Schnitt biete ich 20 bis 30 Kurse im Semester an, meist als Kompaktseminare an einem Abend oder einem Wochenende. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass in fortlaufenden Kursen mit der Zeit etliche Teilnehmende verloren gehen, weil sie zum Beispiel den Kurstermin nicht jede Woche einhalten können.

Deine musikpädagogischen Angebote sind Teil der kulturellen Bildung. Macht Kultur stark, wie es im Titel eines Förderprogramms der Bundesregierung heißt?

FB: Ein hoher Anspruch, aber eigentlich stimmt es, ja! Ich möchte in meinen Kursen Menschen den Zugang zur Musik erleichtern. Sie lernen Musik zu verstehen, lernen neue Musik kennen, sie werden motiviert, selbst zu singen, zu spielen, eigene Songs zu schreiben. 

Und auch bei den IT-Kursen geht es ja nicht nur darum, wie ich mein Smartphone bediene, sondern auch um gesellschaftspolitische Aspekte wie Datenschutz und um einen kompetenten Umgang mit Medien. Für die kulturelle Bildung gilt, was generell für Weiterbildung gilt: Lernen bedeutet Empowerment, „Selbstertüchtigung“. Das ist ja das Gute an der Erwachsenenbildung. Sie stärkt uns Menschen in jeder Lebensphase und macht uns handlungsfähiger.

Wie besteht man die Gratwanderung zwischen den eigenen Qualitätsansprüchen und niedriger Bezahlung?

FB: Ich arbeite im Hauptberuf als Tonmeister in der Postproduktion fürs Fernsehen. Das gibt mir die Möglichkeit, im Nebenberuf als Dozent zu arbeiten, was zwar nicht so gut bezahlt ist, mir aber mehr Raum für selbstbestimmtes Arbeiten, für Kreativität und Kommunikation bietet.

Um als Dozent einen guten Job zu machen, braucht es Zeit zur Vor- und Nachbereitung. Das lässt sich mit den Jahren zwar zeitlich optimieren, aber es bleibt immer auch ein Stück weit unbezahlte Arbeit. Gerade im EDV-Bereich, wenn es um neue Anwendungen geht, braucht es erst einmal Zeit, um ein Kursangebot zu entwickeln. Hinzu kommt, dass auch mal ein Kurs mangels Nachfrage ausfallen kann. Die Honorareinnahmen sind also nicht hundertprozentig planbar. Und der Honorarsatz liegt weit unter dem, was angemessen wäre. Angemessene Honorare müssten mindestens doppelt so hoch sein.

Ich betrachte meine Tätigkeit an der vhs daher eher als Ehrenamt. Mit dieser Haltung kann ich guten Unterricht machen und Konzepte weiterentwickeln, ohne so sehr auf die Bezahlung und Effizienz zu achten. Die vhs selbst arbeitet ja auch nicht gewinnorientiert, sondern ist eine Einrichtung der Kommune, die dem Gemeinwohl dient. Das finde ich eine gute Sache!

Was erwartest Du als Dozent von Deiner vhs?

FB: Als Dozent wünscht man sich, dass organisatorisch alles gut läuft. Und ich wünsche mir Aufgeschlossenheit gegenüber neuen Ideen und einen offenen Austausch über neue Themen und Konzepte. In den vergangenen Jahren ist es zunehmend üblich geworden, dass sich die hauptamtlichen Mitarbeitenden und die Kursleitenden gegenseitig duzen. Das unterstützt den kollegialen Umgang. Auch in den Kursen hat sich das Duzen durchgesetzt, tatsächlich kommt man dann leichter miteinander ins Gespräch, die Kommunikation wird lockerer.

Wie wichtig ist die eigene Fortbildung?

FB: Was meine Kursinhalte angeht, muss ich natürlich ständig auf dem Laufenden bleiben und nutze dazu die üblichen Wege: Fachliteratur, News-Blogs, Tutorials … Zu methodisch-didaktischen Themen habe ich viele Anregungen aus Online-Lehrerfortbildungen gezogen, aber auch aus vhs-internen Angeboten.

Als während Corona der Kursbetrieb online fortgesetzt werden musste, da hätte ich mir kompetente Fortbildungen für guten Online-Unterricht gewünscht, aber eine gute und bewährte Online-Didaktik hatte ja keiner. Und so habe ich mir einiges selbst beigebracht und meine Überlegungen und Erfahrungen mit anderen geteilt. Als Jemand, der IT-Kurse gibt, findet man den Einstieg vielleicht etwas leichter.

Anfangs ging es in Online-Kursen noch sehr bemüht und distanziert zu. Inzwischen sind die meisten lockerer und routinierter geworden. Es findet mehr Austausch statt und wir haben gelernt, wie man eine Atmosphäre des Wohlfühlens schaffen kann. Auch unter älteren Teilnehmenden steigt die Akzeptanz des Online-Lernens. Aus meiner Sicht ist es eine gute und wichtige Ergänzung zum klassischen Kursangebot. Es eröffnet neue Möglichkeiten für die Kursleitenden und auch für die Teilnehmenden und es spart Wege. Insbesondere im IT-Bereich biete ich einen Teil meiner Kurse auch nach Corona weiterhin online an.

Wann erlebst Du als Kursleiter besonders beglückende Momente?

FB: Das Wichtigste ist, dass die Teilnehmenden miteinander ins Gespräch kommen, sich mit ihren unterschiedlichen Erfahrungen und Ideen gegenseitig unterstützen und inspirieren. Besonders schön ist es, wenn sich Kontakte ergeben, die über den Kurs hinaus fortbestehen, wenn sich Menschen finden, die sich anschließend verabreden und weiterhin treffen, um zusammen Musik zu machen. Das sehe ich seit Corona wieder vermehrt: Leute kommen miteinander in Kontakt und entdecken Gemeinsamkeiten. Und das ist doch das Beste, was es gibt.

Themen

Zurück zu allen Meldungen

Diese Seite durchsuchen