Deutsch-Ukrainischer Austausch über Demokratie und den Wunsch nach Frieden

Im August 2024 rief der DVV International, das Institut für internationale Zusammenarbeit des Deutschen Volkshochschul-Verbands, Volkshochschulen in Deutschland zur Beteiligung an der zweiten Phase des Urban X-Change II Projektes auf, das vom Auswärtigen Amt gefördert wird. Hauptinteresse hierbei ist der Aufbau einer Bildungskooperation zwischen einem Institut in Deutschland und einem in einer ausländischen Partnerstadt. In dieser zweiten Phase stehen die Inhalte „Europäische Integration“ und „Citizen Diplomacy“ im Vordergrund.
Die Volkshochschule Leverkusen erhielt den Zuschlag für einen ersten Projektentwurf für die Zusammenarbeit mit dem Institut für Erwachsenenbildung Cossack Alarm im ukrainischen Nikopol. Mit der Stadt am Dnepr unterhält Leverkusen seit 2023 eine Solidaritätspartnerschaft, die zu einer vollständigen Städtepartnerschaft ausgebaut werden soll.
Kick-Off in Warschau und Projektbeginn
Beim Kick-Off Treffen in Warschau wählten die Teams beider Städte als Arbeitstitel „City Images“, der Monate später auch zum offiziellen Projektslogan wurde. Es wurde vereinbart, in beiden Städten parallel Mal- und Fotografiekurse durchzuführen, deren Gruppen bei Abschlusssitzungen in Videokonferenzen ihre Ergebnisse präsentieren und darüber sprechen sollten. Alle entstandenen Kunstwerke würden im Sommer 2025 im Rahmen einer Abschlussveranstaltung und eines Delegationsbesuchs der Ukrainerinnen in Leverkusen der Öffentlichkeit feierlich präsentiert.
Projektverlauf und -Events
Es waren Kurse zu planen, Räume zu organisieren, Werbung zu schalten, Partner*innen einzubeziehen, Material zu kaufen und Kursleiter*innen zu engagieren, die das Projekt mit Überzeugung tragen und motiviert begleiten würden. Mitte Mai und Anfang Juni waren beide Projektkursphasen abgeschlossen und die Gruppen trafen sich vor dem Bildschirm mit deutsch-ukrainischer Übersetzung. Alle Teilnehmenden konnten die besondere Verbindung zu den gemalten und fotografierten Gebäuden, Landschaften und Szenen erklären und es traten überraschende Parallelen hervor.
Aus den Malkursen entstanden auf beiden Seiten hoffnungsvolle und zukunftsgewandte Bilder beider Städte, während die Fotokurse wie zwei Seiten einer Medaille wirkten. Während in Leverkusen die Fußballkultur von Bayer Leverkusen, der Leerstand in einem Bereich der Leverkusener Innenstadt, das Schloss Morsbroich, eine Fahrradtour an Rhein und Wupper und der Charakter der Industriestadt in Szene gesetzt wurden, musste die Nikopoler Gruppe wegen des Ausgangsverbots für Gruppen kreativ werden. Mit verschiedenen Themen wurden dort Gesichter, Gruppen und Verkleidungen in Portraits und Kollagen inszeniert und so ein immer diverseres Bild in einem einzigen Raum geschaffen. Die Kriegssituation in der Ukraine wurde beiden Gruppen auch in diesem Austausch schmerzlich bewusst und allenthalben war der Wunsch spürbar, dass man sich bald nicht virtuell, sondern persönlich treffen und kennenlernen könnte.
Besuch zum Europafest: Projektabschluss im Regen
Der Abschluss der Projektkurse bedeutete gleichsam die Materialsammlung- und Verarbeitung für das Abschlussevent. Die fünfköpfige Delegation aus Nikopol besuchte Leverkusen vom 3. bis zum 7. Juli 2025. Passend zum Thema Europäische Integration wurden die Ergebnisse in Verbindung mit einem „European Talk“ auf der Veranstaltungsbühne des Leverkusener Europafests der Bevölkerung präsentiert. Insgesamt konnten über einhundert Bilder und Fotografien digitalisiert und in einer Präsentation aufbereitet und zum Fest im Park
von Schloss Morsbroich präsentiert werden. Neben der Teilnahme zum Projektabschluss am Europafest besuchten die Projektpartnerinnen in Leverkusen den Japanischen Garten, den Bayer-Fotoverein, den Freudenthaler Sensenhammer und das Koloniemuseum sowie auch
den Kölner Dom. Bei einem Bürgerdialog mit Kursteilnehmenden und Oberbürgermeister Uwe Richrath wurde auch die gegenwärtige Lage der Ukraine dargestellt. Ein weiteres Treffen fand zwischen den Gästen und ukrainischen Familien statt, die in Leverkusen Zuflucht vor dem
Krieg gefunden hatten.
Bei allen Terminen und Treffen im Laufe des Delegationsbesuchs waren Demokratie, Völkerverständigung und der unbedingte Wunsch nach Frieden immer wieder Schwerpunkt in allen Gesprächen und Präsentationen. Den ukrainischen Gästen wurde von Seiten der
Leverkusener Bevölkerung und besonders aus den Reihen jener, die sich als Teilnehmende in den Kursen engagiert hatten, großes Interesse entgegengebracht.
Ergebnisse und Zukunftsaussicht
Am Ende des Projekts blickt die Volkshochschule Leverkusen auf eine erfolgreiche Projektarbeit mit über hundert Kunstwerken aus beiden Ländern, zahlreichen internationalen Begegnungen, Dialogen, Übereinstimmungen und Unterschieden.
Während der zehn Monate Projektdauer kam es zwischen Nikopol und Leverkusen, zwischen Deutschen und Ukrainern und zwischen der Volkshochschule und Cossack Alarm zu den verschiedensten Formen des Austauschs in besonders produktiver Weise. Die Bevölkerung beider Städte bekamen zum ersten Mal einen Eindruck nicht nur von der geographischen Lage, sondern auch von der alltäglichen Lebensrealität auf der jeweils anderen Seite. Die Teams der kooperierenden Institute erlangten profunde Einblicke in Arbeitsweise und Schwerpunkte der Bildungsangebote. Die Teilnehmenden aller Kurse wurden zu einer neuartigen Reflexion über ihr Leben, ihre Sicherheit, ihre Heimat und die Werte angeregt, die die europäische Integration ausmachen. Schließlich war auch die Realität des Krieges ein Faktor, der das Projekt fortwährend begleitete, sei es durch Strom- und Internetausfall in Nikopol oder durch die sehr emotionalen Schilderungen des gegenwärtigen Lebens in einer Frontstadt.