Medienkompetenz als Demokratiekompetenz - Gemeinsame Herausforderungen für politische Bildung und Medienbildung an Volkshochschulen in NRW
Ein Digitaler Wissenschaft-Praxis-Dialog
Im Rahmen eines mehrteiligen digitalen „Wissenschafts-Praxis-Dialogs“ hat der Landesverband mit ausgewählten Expert*innen und Partner*innen die Herausforderungen für die Vermittlung von Medienkompetenz als Demokratiekompetenz an den Volkshochschulen in NRW diskutiert und dabei Anregungen für die Praxis vermittelt.
Die digitale Transformation unserer Gesellschaft ist in vollem Gange und verändert die Art und Weise wie wir kommunizieren, uns informieren und konsumieren. In Folge der Corona-Pandemie hat es in vielen gesellschaftlichen Bereichen einen weiteren Digitalisierungsschub gegeben, durch den wir Vorzüge und Herausforderungen digitaler Kommunikation und Information unmittelbar erfahren konnten. Wie unter einem Brennglas hat die Corona-Pandemie dabei vor Augen geführt, wie entscheidend kritische Medienkompetenz als Säule demokratischer Resilienz in Zeiten von „Fake News“, geschlossenen Filterblasen und Online-Desinformation ist.Während analoge und digitale Dialog- und Begegnungsräume zunehmend verschwimmen, müssen medienkundliches Wissen, medienkritisches Denken, medienpolitische Urteilsbildung und Mediennutzungsfähigkeiten durch lebensbegleitende Bildungsangebote vermittelt werden, um Teilhabe für alle Menschen in der digitalisierten Gesellschaft zu ermöglichen. Die Medienkompetenz wird dabei zur zentralen Demokratiekompetenz und Voraussetzung für politische Partizipation, wodurch Medienbildung und politische Bildung zusammenwachsen.
In Rahmen einer mehrteiligen digitalen Wissenschaft-Praxis-Dialog hat der Landesverband Impulse für die Stärkung fachbereichsübergreifender Bildungsangebote der Volkshochschulen zur Vermittlung von Medienkompetenz gesetzt. Gemeinsam mit Expert*innen aus Wissenschaft, Weiterbildung und Medien konnten Mitarbeitende der Volkshochschulen ins Gespräch darüber, wie dabei Angebote von Politischer Bildung und Medienbildung weiter zusammenwachsen können und welches Verständnis von Medienkompetenzvermittlung dafür zugrunde liegt.
Dazu wurden in vier Dialogveranstaltungen unterschiedliche Facetten der Medienkompetenzvermittlung beleuchtet und die Perspektiven der digitalen Transformation, der Medienbildung, politischen Bildung und Medienschaffenden in Relation gesetzt sowie entsprechende Verbindungen aufgezeigt. Neben den fachlichen Impulsen ordneten Vertreter*innen der Fachkommissionen Politische Bildung und „Erweiterte Lernwelten“ die Vorträge ein und überführten die Inhalte in die vhs-Praxis vor Ort.
U. a. finden sich die einzelnen Programmtexte der jeweiligen Veranstaltung, Informationen zu den Referent*innen und eine kurze Dokumentation zu wesentlichen Ergebnissen der Dialogveranstaltungen.
Aufgrund der positiven Resonanz plant der Landesverband eine Fortsetzun der Reihe im Herbst 2021.
1. Einführung: Kritische Medienbildung heute
Donnerstag, 25. Februar
Unsere Welt ist von digitalen Technologien durchdrungen. Big Data, Algorithmen und Künstliche Intelligenz prägen zunehmend unseren Alltag. Welche Spannungsfelder sind mit Blick auf Selbstbestimmung und Souveränität in der digitalen Welt von Bedeutung? Welches sind wesentliche Herausforderungen für eine kritische Medienbildung inmitten der digitalen Transformation?
In dem einführenden Vortrag der DIalogreihe wurden einige grundlegende Wechselwirkungen zwischen Individuen, Digitaltechnologien und Gesellschaft herausgestellt und diskutiert.
Dr. Harald Gapski ist Leiter Grimme Forschung am Grimme-Institut in Marl, Aufsichtsratsmitglied des Grimme-Forschungskollegs an der Universität zu Köln und Beiratsmitglied des Center for Advanced Internet Studies. Harald Gapski ist Herausgeber des bpb-Bandes „Medienkompetenz als Herausforderung für politische Bildung und Medienbildung“.
2. Medienkompetenz als Herausforderung für die politische Bildung
Donnerstag 11. März
Medienkompetenz ist ein klassisches Ziel politischer Bildung in der Mediendemokratie. Im digitalen Zeitalter haben sich die Anforderungen hieran gewandelt. Unverändert gilt jedoch, dass für die politische Bildung neben der Vermittlung von instrumentellen Fähigkeiten der (rezeptiven wie aktiven) politikbezogenen Nutzung von Medien vor allem eine kritisch-reflexive Auseinandersetzung mit deren Funktionslogik und -bedingungen im Fokus steht. In der aktuellen Phase des Medienwandels ist darüber hinaus mehr denn je auch die Förderung politischer Urteils- und Handlungsfähigkeit hinsichtlich der Medienregulierung Ziel politikdidaktischer Medienbildung.
Prof. Dr. Monika Oberle ist Professorin für Politikwissenschaft/Didaktik der Politik an der Universität Göttingen. Sie widmet sich der systematischen empirischen Erforschung von Lehr-Lern-Prozessen der politischen Bildung und deren Bedingungen. Monika Oberle ist Herausgeberin des bpb-Bandes „Medienkompetenz als Herausforderung für politische Bildung und Medienbildung“.
3. Herausforderungen und Chancen der Förderung von Medienkritikfähigkeit
Donnerstag, 18. März
Von Memes bis hin zu aufwendig produzierten YouTube-Videos – die Formate und Botschaften, die problematische Akteur*innen im Internet nutzen, um ihre Botschaften zu verbreiten, sind vielfältig. Derartige Inhalte können bei ihren Rezipient*innen u. U. sinnstiftend wirken und sogar Radikalisierungsprozesse beschleunigen. Wie kann man darauf pädagogisch reagieren? Bewahrpädagogische Ansätze stoßen hier an ihre Grenzen. Vielmehr scheint es erforderlich, Menschen dazu zu befähigen, problematische Inhalte zu erkennen, sie analysieren und bewerten sowie sich ihnen gegenüber positionieren zu können – in anderen Worten: Medienkritikfähigkeit zu fördern.
Aber was ist Medienkritikfähigkeit überhaupt? Wie kann sie vor dem Hintergrund unterschiedlicher Herausforderungen im Netz gefördert werden? Wie unterscheidet sich die hier gewünschte Form der Medienkritik von der, die etwa Corona-Leugner*innen in einschlägigen Netzwerken äußern? U.a. diesen Fragen ging der Impulsvortrag auf den Grund. Darüber hinaus wurden Herausforderungen thematisiert, die sich vor diesem Hintergrund für Pädagog*innen ergeben.
Dr. Josephine B. Schmitt vertritt im Wintersemester 2020/21 die Professur für innovative Methoden an der Universität Bremen. Weiterhin arbeitet als Forschungsreferentin am Center for Advanced Internet Studies (CAIS) in Bochum. Sie forscht u.a. zu Inhalt, Verbreitung und Wirkung von Hate Speech, extremistischer Propaganda und (politischen) Informations- und Bildungsangeboten im Internet. Darüber hinaus befasst sie sich mit inhaltlichen und organisatorischen Fragen interdisziplinärer Digitalisierungsforschung.
4. Vertrauensverlust in die Medien als Gefahr für den gesellschaftlichen Zusammenhalt und die Demokratie
Donnerstag, 25. März
Laut einer repräsentativen Umfrage im Auftrag des WDR ist das Vertrauen der Bürger*innen in die Medien im Jahr 2020 gestiegen. Demnach hielten zuletzt mehr als zwei Drittel der Befragten die Berichterstattung der Medien in Deutschland für glaubwürdig. Gleichzeitig geht diese Entwicklung mit der Beobachtung einher, dass Teile der Gesellschaft ein zunehmend tiefes Misstrauen in die Berichterstattung, nicht nur der öffentlich- rechtlichen Medien, haben. Insbesondere vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie wurde deutlich, dass eine nutzergenerierte und selbstreferentielle Gegenkultur der Desinformationsvermittlung“ in Form von geschlossenen Messenger-Gruppen und Filterblasen der sozialen Medien zunehmend wirkmächtig ist. Während einerseits Vertrauen in die Arbeit von Journalist*innen steigt, schaffen Verschwörungserzählungen, falsche Fakten und gezielte Desinformation „alternative Lebenswirklichkeiten“.
Wie reagieren Medienschaffende auf die gegenläufigen Entwicklungen und eine zunehmend polarisierten Medienkonsum? Wie können Journalist*innen auch jene Bevölkerungsgruppen erreichen, die Medien mit Misstrauen begegnen? Und welche Anforderungen und Wünsche adressieren Medienschaffende selbst an Bildungsinstitutionen der Medienkompetenzvermittlung?
In einem Impuls gab Volkmar Kah vom Journalistenverband NRW Einblicke aus Sicht der Medienschaffenden.
Volkmar Kah ist Geschäftsführer des Deutschen Journalistenverbandes, Landesverband NRW e. V. Zuvor war er u. a. für die Westfälische Rundschau und die WAZ-Mediengruppe sowie als freier Journalist und Dozent in der journalistischen Aus- und Weiterbildung tätig. Volkmar Kah gewann u. a. den European Newspaper Award und vertritt den Journalistenverband im WDR-Rundfunkrat.
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