DVV-Interview: digiTOP: Volkshochschulen in NRW werden digital
Der Deutsche Volkhochschul-Verband (DVV) hat das folgende Interview veröffentlicht:
„15 Volkshochschulen – 15 Wochen – 15 Module: Mit diesen Rahmenbedingungen ist im September 2020 das Projekt „digiTOP“ beim Landesverband NRW gestartet, um die ausgewählten Bildungseinrichtungen auf dem Weg zu einer digitalen Organisation zu begleiten.
Frau Anna Hutnik, Projektleiterin für Digitale Bildung beim Landesverband in Düsseldorf, hat uns berichtet, wie die Umsetzung des Projektes läuft, welche Herausforderungen für die Volkshochschulen anstehen und welche Erfolge bereits gefeiert wurden.
Frau Hutnik, Sie haben 15 feste Module konzipiert, um die vhs auf ihrem Weg zur digitalen Organisation zu begleiten. Wie laufen diese ab?
Gemeinsam mit Frau Regina Eichen habe ich die Module in diesem Pilotprojekt konzipiert. Frau Eichen ist Organisationsberaterin und Coach und gibt den Teilnehmenden in den gemeinsamen Treffen 2-3 Inputs zu konkreten Themen. Hierfür treffen wir uns jeden Freitag online für ca. 4 Stunden mit den Leitungsteams der ausgewählten Volkshochschulen. Diese Teams bestehen aus meist drei Vertreter*innen der Einrichtung, damit trotz anderer Termine immer mindestens eine Person aller vhs anwesend ist. Dies ist wichtig, da die Module inhaltlich aufeinander aufbauen.
Neben den Impulsen in der Online-Zusammenkunft wird die Zeit auch für Gruppenarbeiten genutzt, um gemeinsam praktische Aufgaben anzugehen und Erfahrungen auszutauschen. Hierbei dient die „vhs in Wünschhausen“ als theoretisches Best Practice Beispiel, anhand derer die eigenen Projekte reflektiert und dadurch Lösungen erarbeitet werden können. Wie schreibe ich beispielweise eine Stellenanzeige so konkret, dass die Personalakquise einfach und erfolgreich wird?
Worauf liegt der Fokus der Modulinhalte? Wie werden diese bearbeitet?
Die Inhalte der Module sind aus fachlicher Literatur und verlässlichen Internetquellen zusammengestellt. Diese stehen den Teilnehmenden als Materialien und zur Recherche anschließend zur Verfügung. Unsere Linkliste wächst kontinuierlich!
Gleichzeitig ist aber für die Module ein hoher Grad an Eigeninitiative der Teilnehmenden gefragt: Nicht nur Hausaufgaben müssen erledigt, sondern auch das anfänglich definierte Projektziel stetig verfolgt werden. Hier sind die Motivation und der Fleiß der Volkshochschulen wichtig, die wir mithilfe spannender Inhalte und Methoden aufrechterhalten möchten. Der Austausch untereinander wird durch eine Gruppe in der vhs.cloud ermöglicht und rege genutzt – auch außerhalb der gemeinsamen Lehreinheiten.
Neben den Projekt-Modulen haben wir für sieben Workshops externe Fachleute eingeladen, die eine bunte Mischung von Themen aufgreifen werden. Darunter fallen sowohl rechtliche Inhalte, Fragen zu digitaler Ausstattung, aber auch Handreichungen zu Öffentlichkeitsarbeit und Bildungsmarketing. Die Gastvorträge der externen Expert*innen sind für die (stellv.) Leiter*innen der Volkshochschulen aus NRW freigeschaltet, damit möglichst viele Einrichtungen von dem Projekt profitieren können.
Die Volkshochschulen wurden nach verschiedenen Kriterien ausgewählt, u.a. im Hinblick auf konkrete Ideen und Absichten zur Umsetzung. Worauf haben Sie besonders geachtet?
Wichtig war bei der Akquise der vhs vor allem, dass bereits Ideen für Ziele vorhanden sein sollten. Diese haben wir in den ersten Treffen dann konkretisiert und eine Vision für einen ausgesuchten Bereich der Bildungseinrichtung formuliert. Die Bearbeitung der Projekte begann dann meist mit einer Bestandsaufnahme: Welche digitalen Ressourcen haben wir? Wie können wir die Nutzung dieser Tools optimieren? So konnten die Teilnehmenden recht schnell in einen „Tun-Modus“ übergehen und mit der Projektarbeit beginnen. Ideen für die Projekte sind beispielsweise die Dozent*innen-Akquise über Soziale Medien und digitale Netzwerke anzugehen oder die interne Kommunikation mit digitalen Tools zu starten und so zu optimieren.
Bei der Arbeit haben wir festgestellt, dass die Heterogenität der Gruppe sehr hilfreich war. Obwohl einige Volkshochschulen bereits weit in der Digitalisierung vorangeschritten sind und andere dagegen gerade erst gestartet hatten, fand der Austausch in beide Richtungen statt und hat zu neuen Erkenntnissen und Lösungen beiderseits geführt.
Digitalisierung ist unter anderem auch budgetrelevant, wie Sie sagen. Was müssen vhs beachten, wenn sie die Digitalisierung der Organisation angehen?
Sehr wichtig ist, nicht mit großen Projekten zu starten, sondern kleine Schritte zu machen. Die bereits erwähnte Bestandsaufnahme vorhandener Ressourcen ist von großer Bedeutung – spontane Anschaffungen ohne Plan und Weitblick sind bei einer Digitalisierungsstrategie nicht zielführend. Wie in anderen Bereichen auch, sollte vermieden werden ungeplantes Geld für unnötige Dinge auszugeben.
„Überall gibt es Ressourcen, die bis jetzt nicht wahrgenommen werden. Manchmal reicht es schon, kleine Schrauben zu drehen, um zu einer Lösung und Verbesserungen zu gelangen.“
Anna Hutnik, Projektleiterin „Erweiterte Lernwelten“, Landesverband Nordrhein-Westfalen
Wo liegen die Schwierigkeiten bei der Umsetzung der Digitalisierung und wie können diese umgangen/bewältigt werden?
Die technischen Ressourcen der vhs sind eine der größten Schwierigkeiten bei der Digitalisierung. Manchmal liegt es an Kleinigkeiten, wie eine instabilen Internetverbindung, die dennoch große Barrieren für die Umsetzung von Projekten bergen. Auch die Infrastruktur der Organisationseinheit sind Herausforderungen, wenn bspw. die Volkshochschule mit den Strukturen der Stadtverwaltung verbunden ist und sich an deren Vorgaben orientieren muss. Da kann es mitunter Wochen dauern, bis eine neue Software genehmigt und installiert ist.
Gleichzeitig sind auch personelle Ressourcen ein Thema. Die Volkshochschule muss über Mitarbeitende verfügen, die technisch kompetent sind und Expertise zu den verschiedenen Themen mitbringen. Gleichzeitig ist die Medienkompetenz der Lehrenden und auch Kund*innen gefragt, damit die Digitalisierung nicht nur in der Organisation, sondern auch in den vhs-Kursen ankommen kann. Hier hilft bspw. eine digitale Sprechstunde, in der interne Expert*innen an konkreten Terminen für Fragen und Hilfestellungen zur Verfügung stehen und ihr Wissen mit der Belegschaft teilen. Auch die Planung eines „Übungstages“ ist eine hilfreiche Methode: Hier können Kolleg*innen und Kursleitende stressfrei und bedarfsorientiert Programme oder Geräte beispielhaft ausprobieren und für den Ernstfall üben.
Finanziell muss die Digitalisierungsstrategie gut geplant sein – wir haben aber die Erfahrung gemacht, dass sich auch bezüglich des Geldes alles lösen und organisieren lässt. Dies erfordert jedoch Geduld, um das Projekt auch in kleinen Schritten voranzutreiben. Herausforderungen werden hierbei zu Chancen, die mit Erfahrung, Wissen und Planung genutzt werden können.
Neuerungen und technische Tools werden mitunter auch skeptisch beäugt oder abgewiesen. Wie können auch Kritiker*innen in die Weiterentwicklung zur digitalen Organisation eingebunden werden?
In jedem Unternehmen gibt es Mitarbeitende, die für und gegen digitale Lösungen sind – bei den Volkshochschulen ist das nicht anders. Wichtig ist, dass alle Menschen mit der Digitalstrategie abgeholt werden. Meist haben die Kritiker*innen eine verborgene Angst vor der Technik, den Netzwerken und Tools. Diese Angst lässt sich auffangen, indem auf die Bedenken mit Verständnis reagiert. Wenn wir Erfolgsgeschichten anbringen können, bei denen neue digitale Formen funktioniert haben und hilfreich waren, ist dies das beste Argument, um diesen Weg gemeinsam weiterzugehen.
Die Corona-Pandemie hat gezeigt, dass es wichtig ist, sich an neue Dinge heranzutrauen. Durch die unerwarteten Umstellungen im Frühjahr dieses Jahres und den kurzen Vorlauf für kreative Lösungen, hat die Gesellschaft derzeit noch viel Verständnis für Fehler und unvollendete digitale Angebote. Deshalb ist die Angst vor der Digitalisierung besonders in diesem Jahr unberechtigt.
Das Projekt „digiTOP“ läuft noch bis zum 11. Dezember. Können Sie eine erste Auswertung wagen? Und können wir eine Fortsetzung erwarten?
Im Anschluss an das Projekt wünschen wir uns, dass zwischen den teilnehmenden Volkshochschulen weiterhin ein reger Austausch über aktuelle Projekte stattfindet, zur Lösungsfindung und zur gegenseitigen Motivation. Perspektivisch hoffen wir, dass die Pilot-Volkshochschulen zukünftig auch andere vhs beraten und als Wissensvermittlerinnen und Multiplikatorinnen für eine Digitalisierungsstrategie tätig werden können.
Bis jetzt sind wir sehr stolz und zufrieden mit dem Verlauf des Projekts. Die teilnehmenden Volkshochschulen bringen unglaublich viel Eigeninitiative und Motivation mit, um ihre Projekte umzusetzen. Obwohl wir wegen Corona auf digitale Lehreinheiten und den Online-Austausch ausweichen mussten, ist die Gruppe sehr gut zusammengewachsen. In der vhs.cloud findet ein reger Erfahrungsaustausch statt. Schon alleine dieses neue Netzwerk ist ein Erfolg! Wenn dies nun auch noch nachhaltig bis ins nächste Jahr besteht und auch bei anderen Volkshochschulen Kreise zieht, sind wir sehr glücklich.
Das Gespräch führte Jana Geerken am 12. November 2020.“
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Ansprechpartnerin für das Projekt Erweiterte Lernwelten- Digitale Bildung in NRW
